Mittwoch, 29. Januar 2014

Das Resumé

Vor genau 322 Tagen bin ich aufgebrochen. Aufgebrochen nach Kanada. Aufgebrochen in ein Abenteuer. Und nun sitze ich am Flughafen in Vancouver und versuche, das ganze Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen, gespickt mit Erkenntnissen und Erfahrungen aus diesem kanadischen Abenteuer. Doch dabei ist die Tatsache, dass ich in Vancouver auf meinen Flieger warte, statt wie ursprünglich geplant in Toronto, so sinnbildlich für das, was mir und wahrscheinlich auch mit mir passiert ist. Während der deutsche Mario, den ihr alle kennt, alles bis ins kleinste Detail im Voraus plant, so war doch das einzig geplante bei meiner Ankunft 12 Tage in Toronto zu bleiben. Spontan ging es dann aber nach 5 Tagen bereits nach Montreal, um in Sahra eine Reisebegleitung für die nächsten Wochen zu finden und so gastierten wir bei Ana, Leon und Daniel auf der Farm, besuchten Ottawa, Toronto und Niagara Falls, wo sich unsere Wege wieder trennten. Bei Patrick und Shelley sowie beim Burger King Team heuerte ich dann in Hörweite der Niagarafälle an und konnte dort mein Englisch merklich verbessern. So lernte ich unter anderem auch, dass man eine Bestellung nicht mit den Worten „ I take a hamburger“ aufgibt, sondern es mit „Can I get a hamburger?“ korrekt formuliert. Mit Eri, Mark, Janina und Tim verbrachte ich lustige Stunden im Hostel, mal über englische Grammatik diskutierend, mal in Highspeed Betten beziehen. In Kanada gibt es meiner Erfahrung nach zwei Jahreszeiten. Den Sommer (so zwischen Mitte Juni und dem ersten Montag im September) und den Rest des Jahres. Während im Sommer das Leben blüht, die Städte lebendig und farbenfroh sind und Touristenattraktionen geöffnet haben, so werden nach dem Labor Day im September die meisten Schotten wieder dicht gemacht. So ist es nicht verwunderlich, dass ich bis September in Niagara Falls arbeiten sollte. Aber es sollte dann doch anders kommen, Verena kam zu einem 11 Wochen Besuch und holte mich vollkommen erschöpft aus meinem Doppeljob in Niagara Falls heraus. Bei Alain und Rémi fanden wir dann für 2 Wochen ein wunderschönes Zuhause in Québec, bevor es dann über Ottawa, Montreal und Quebec City zu Kathy und Brian nach Prince Edward Island ging. Gemüse pflücken und Kartoffeln ausbuddeln standen hier auf dem Arbeitsplan, wunderschöne rote Sandstrände auf dem Freizeitplan. In Halifax kamen schließlich meine Eltern an und es ging auf eine atemberaubende Tour mit dem Wohnmobil und eine tolle Kanutour durch den Algonquin Park. Und dann. Dann war irgendwie wieder alles wie bei meiner Ankunft im März. Ich stand alleine am Flughafen in Toronto. Immerhin hatte ich nun ein Zugticket in die Rocky Mountains und so ging es dann 68 Stunden mit dem Zug 3600km gen Westen. Reisen stand mal wieder auf dem Plan. Ein paar Tage Jasper, ein paar Lake Louise, ein paar in Banff und ein paar mehr Vancouver. Und jeden Tag die selbe Aufgabe. Nämlich sich selbst zu motivieren, sich zu sagen: „Mario, du bist nur paar Tage hier, geh raus schau dir das hier an“. Es mag nicht nachvollziehbar klingen, aber doch ist die Tatsache, dass auch Reisen müde macht, eine der Erfahrungen meines Trips. In Victoria verbrachte ich dann mit Isabel, Marie, Julia und Michèle zwei sehr deutschlastige, aber schöne Wochen beim Klos putzen und Zimmer saubermachen im Hostel, bevor es dann spontan nach Whitehorse ging, wo ich die Nordlichter sehen konnte. Zwei Monate in einem Ski Resort zu leben, jederzeit mit der Möglichkeit auf die Skier zu steigen und ein paar Pisten hinunter zu sausen, ist sicherlich ein perfekter Abschluss für eine abwechslungsreiche Tour in einem so abwechslungsreichen Land. Und so bin ich 322 Tage durch ein Land gereist, in welchem ich niemanden kannte und niemand mich kannte und doch wurde ich überall freundlich aufgenommen, nett gegrüßt oder zu einem Bier eingeladen. Mir, einem Fremden, wurde vertraut und sich für ihn und seine Geschichten interessiert. Etwas, dass ich definitiv, so nicht aus Deutschland kenne. Denn ist es nicht so, dass man sich in Deutschland lieber anschweigt, wenn man an der Kasse wartet oder mit einem Rucksack den Sitz im Bus blockiert, damit sich hoffentlich keiner neben einen setzt? Egal, wo man in Kanada ist, man wird nahezu immer in ein Gespräch verwickelt, manchmal sogar vorsätzlich, wenn ein Kanadier am Skilift auf einen Gesprächspartner für die Fahrt nach oben wartet. Vieles mag davon oberflächlich sein, vieles nicht auf wirklichem Interesse beruhen. Nichtsdestotrotz hat es mir eines gezeigt. Auch mit Fremden kann man sich nett unterhalten, ohne gleich deren negative Absichten hinterfragen zu müssen. Denn weh tut es niemandem. Und so sehe ich Kanada als ein Land des gegenseitigen Vertrauens, des Respekts und der Rücksicht gegenüber dem Mitmenschen und dessen Eigentum und des idealistischen Denkens und Handelns. Vieles davon werde ich in Deutschland vermissen.

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